… ist ein sich für Paraden und Ausrückungen vorbereitender Verein, der in der Tradition der Vergangenheit lebt, sich Luftschlössern hingibt und die Öffentlichkeit über die traurige Wirklichkeit hinwegtäuscht.
Überschrift und Untertitel könnten durchaus heute geschrieben worden sein. Sie stammen jedoch aus General Theodor Körner’s Denkschrift über das Heerwesen der Republik, – erschienen im Verlag des Militärverbandes, Wien 1924, Seite 16. Und in der Tat ließe sich der heutige Zustand unseres Heeres ähnlich beschreiben. Selten zuvor gab es eine derartig veritable Krise der militärischen Landesverteidigung wie zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Dass dies jetzt öffentlich wird, mag manchen gestrigen Politikern und ihren karrieregehorsamen Gehilfen unangenehm sein, hat aber durchaus gute Seiten. Schließlich ist beobachtbar, dass sich in der Politik meist nur dann etwas ins Positive verändert, wenn eine entsprechende Öffentlichkeit Druck erzeugt. Wenn dann Ministerstühle wackeln oder zumindest die Aussicht auf einen Fortbestand eines Abgeordnetenmandats oder den daraus erwachsenden Politikerbezügen trübe ist, wird auch in den höheren Etagen unseres politischen Systems manches wieder ins Bewusstsein gerufen. Warum sollte dies bei unserem jetzt in die Schlagzeilen gekommenen Bundesheer anders sein?
Dass dies kein pannonischer Kassandraruf ist, belegen zwei Positionspapiere des Generalstabschefs aus dem ausklingenden Jahr. Selbst der Verteidigungsminister spricht von Totengräbern (wenn er auch keine Namen nennt, kennen wir sie) und sieht das Bundesheer am Rand seines Grabes.
Kurz die Fakten: Mit einem Budget von 2,3 Mrd. Euro, 16.000 Berufssoldaten und gerade noch 17.000 Wehrpflichtigen im Jahr bringt das Heer kaum einen militärischen Verband auf die Beine, der in der Lage wäre, im Fall der Fälle die vom Gesetzgeber festgelegten Aufträge zu erfüllen. Kein Wunder, denn wenn nahezu 70 Prozent des Wehrbudgets für die Bezahlung von Berufskadern aufgefressen werden, bleibt lediglich ein geringer Teil für den laufenden Betrieb und noch weniger für Investitionen. Zur Erkenntnis, dass hier etwas faul im Staate sein muss, vor allem wenn andere Kleinstaaten vorzeigen, wie sie das Steuergeld ihrer Bürger zur Organisation und Ausstattung ihrer Streitkräfte verwenden und eine effiziente Armee unterhalten.
Bei näherem Hinsehen wird man feststellen, dass beispielsweise die Schweizer und die Finnen dem in Europa beobachtbaren populistischen Trend der Abschaffung der Allgemeinen Wehrpflicht eine Absage erteilten. Dagegen hat man in Österreich, trotz eines Referendums für die Aufrechterhaltung dieser Wehrpflicht einen Weg eingeschlagen, der das Verfassungsgebot zur Milizstruktur des Heeres missachtet und unter dem „desinteressierten Wegsehen“ des Parlaments und der staatlichen Kontrollinstanzen ein „berufskaderartiges Heer“ geschaffen hat. All das unter einer obersten militärischen Führung, die meinte, unter den Titeln „notwendige Professionalisierung“ und „verstärkter Zusammenarbeit in Europa“ den richtigen Weg für den Schutz unserer Bevölkerung und deren Lebensgrundlagen in den Empfehlungen einer unseligen Bundesheer-Reformkommission gefunden zu haben.
Mit Abschaffung der Truppenübungspflicht hat man gar eines der wesentlichsten Merkmale einer Milizstruktur beseitigt. Gesetzwidrig, wie nicht nur ich meine, denn wenn demokratiepolitische Nihilisten der Auffassung sind, unsere Bundesverfassung sei „totes Recht“, so seien sie auf das Wehrgesetz hingewiesen, das klar zum Ausdruck bringt, dass das Bundesheer als Friedensorganisation zur Ausbildung zu organisieren sei, die der Einsatzorganisation zu dienen habe. Letztere hätte lediglich zu Übungen und zu Einsätzen zusammenzutreten – eine Realisierung des klassischen Milizprinzips, wie es anderen Staaten nicht nur als potjomkisches Dorf besteht, sondern auch gelebt wird. Mit einem signifikant geringeren Personalkostenanteil als in Österreich.
Wenn in naher Zukunft 8.000 Berufssoldaten in den verdienten Ruhestand treten, so wäre dies eine einmalige Chance, endlich einen richtigen Schritt in Richtung verfassungskonformer und bedarfsgerechter Milizorganisation zu setzen. Hand in Hand mit einer Anhebung des Wehrbudgets könnten die freiwerdenden Mittel dafür verwendet werden zu verwenden, den Soldaten jene Ausrüstung zu geben, die sie zur Erfüllung ihres Auftrags unter Einsatz ihrer Gesundheit und mitunter gar ihres Lebens benötigen. Dann hätte die Feststellung General Körners höchstens zeitgeschichtliche Bedeutung für einst und die Talfahrt seit Platter und Co. ein Ende. Die Hoffnung lebt (noch) …