Dass man nicht “nicht kommunizieren” kann, ist spätestens seit dem österreichischen Philosophen, Psychotherapeuten und Kommunikationswissenschafter Paul Watzlawick und seinen Werken zur Kommunikation des Menschen bekannt. Da hilft auch nicht ein Kanzlerwort “Österreich war neutral, ist neutral und bleibt neutral”, um eine aufkeimende Diskussion zur traditionellen Unsicherheitspolitik im Keim zu ersticken. Dann wird halt zum Thema NATO “nicht kommuniziert”. Wenn schon nicht in Regierung oder Parlament, wo man offenbar glaubt, dass mit einem vor mehr als 10 Jahren verabschiedeten Strategiepapier “alles paletti” sei, dann halt anderswo.
Es sei gestattet, an die Worte Watzlawicks zu erinnern: „Die eigentliche Ursache des Übels liegt in unserer Unwilligkeit, Tatsachen als reelle Tatsachen und Ideen als bloße Ideen zu sehen, und dadurch, dass wir ununterbrochen Tatsachen mit Konzepten vermischen. Wir tendieren dazu, Ideen für Tatsachen zu halten, was Chaos schafft.“ Ein nüchterner Blick auf den Realzustand der österreichischen Landesverteidigung ließe fast vermuten, dass der 2007 in Kalifornien verstorbene Wissenschaftler in seiner alten Heimat am Wiener Donaukanalufer Feldforschung betrieben hat.
Nicht so in den Salzburger Nachrichten Ende Mai dieses Jahres, wo einmal mehr deren stv. Chefredakteur Dr. Andreas Koller profunde Kenntnisse zur Sicherheitspolitik beweist und bei Fortführung der Neutralitätspolitik endlich eine solche betrieben wissen will. Sein Leitartikel mit obigem Titel stellt unmissverständlich klar, dass es keine Sicherheitspolitik zum Nulltarif geben kann – auch wenn man es in Österreich zumindest seit Beginn dieses Jahrtausends probiert und es manche Volksvertreter selbst in Tagen des Krieges unweit von unserer Haustür glauben oder zumindest so tun. Kollers Beitrag wird von einer Karikatur begleitet, die vom Salzburger Architekten Thomas Wizany stammt und unter dem Titel “Trittbrettfahrer und Heiratsschwindler …” den Betrachter zum Nachdenken provoziert. Quasi als Steilvorlage für manchen NATO-Protagonisten.
Die von ihm für das Mitteilungsblatt unserer OG zur Verfügung gestellte Abbildung zeigt einen „Homo Austriacus“ im „alpenländischen Stresemann auf dem Trittbrett“ eines dahin brausenden Militärfahrzeuges mit NATO Flagge. Der Ösi klammert sich an die Haltegriffe. Seine Sprechblase erinnert an den Sager, nachdem andere Krieg führen mögen – das glückliche Österreich solle heiraten. Ein Spruch, dem zwar der Aufstieg des Hauses Habsburg zugeschrieben wird, der aber die vielen blutigen Auseinandersetzungen verschleiert, die zu diesem Aufstieg führten.
Die behelmten Insassen des Kampffahrzeuges werfen dem Trittbrettfahrer besorgt ihre Blicke zu. Ob sie etwa an die traurige Mitgift denken? Dem Brautwerber auf dem Trittbrett geht der Hut hoch – möglicherweise ist ihm eben eine „Heiratskaution“ von zwei Prozent des BIP eingefallen (Anm.: das wären derzeit acht Milliarden Euro Regelbudget). Vielleicht kommt ihm auch der Gedanke, dass die Reise an ein von ihm gar nicht gewünschtes Ziel gehen könnte. Ob er am Ende als Passagier dem einen oder anderen an Bord gar nicht willkommen ist?
Viele Fragen tauchen auf. Auch die Frage, ob nicht jene, die einen Diskussionsprozess fordern, unter dem Titel „Diskussion ist dringend notwendig“ das Ergebnis der Debatte a priori “in Stein gemeißelt” wissen wollen.
Mutet es nicht kurios an, wenn bislang als seriös einzuschätzende ehemalige Positionseliten eine dichotomische Denkweise ins Spiel bringen? Erinnert sei an eine Exponentin, die öffentlich davon träumt, die Gewährleistungsaufgabe des Staates puncto Sicherheit in einer internationalen Solidargemeinschaft so teilen zu können, dass „wir“ verhandeln, vermitteln und überwachen und die blutigen Aufgaben „andere“ übernehmen.
Die Beantwortung auftauchender Fragen darf die Verantwortlichen nicht abhalten, in der Regierungsarbeit die Hausaufgaben eines souveränen Staates in Sachen militärischer Landesverteidigung seriös zu erledigen. Seit Jahrzehnten scheint dies nicht der Fall zu sein. Nicht nur reden, sondern endlich auch handeln wäre gefragt – ehe uns allen nicht nur der Hut hochgeht!